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Der WB – Lesespass und Isolationsmaterial

20. Juli 2012

Über 70 Jahre hat die Familie Hansen aus Willisau den „Böttu“ schon abonniert. Dieser wurde früher – nach dem er Wort für Wort gelesen war, natürlich – nicht etwa fortgeworfen, sondern weiterverwendet: als Isolationsmaterial. Nun haben die Hansens beim Renovieren hinter dem alten Wandtäfer Zeitungsseiten aus dem Jahr 1941 gefunden. Und beim Lesen geschmunzelt über Inserate, Erinnerungen an alte Zeiten und darüber, dass auch gestandene Männer im Alter von 78 Jahren in den Todesanzeigen als „Jüngling“ bezeichnet wurden, wenn sie nie verheiratet gewesen waren. Hier ein paar „Leckerlis“ aus den gefundenen Zeitungsseiten von 1941 – als erstes eine wunderschöne Beschreibung des Lebens im Städtli Willisau vor der Jahrhundertwende:

Willisauer Erinnerungen. Wisst Ihr noch? In der Freizeit während des Schuljahres vergnügten sich die Mädchen und Buben saisonmässig mit verschiedenartigen Spielen. Seilhüpfen, Ballspielen, Kügelidröhlen. So wurde, wenn man nach des Winters Macht wärmere Tage einsetzten, auf den Steinplatten vor den Häusern „gekügelt“, wobei die ausgetretenen eine gewisse Routine erfordernden Sandsteine besonders bevorzugt wurden. Es ging um glas- und erdgebrannte, kleine und grosse Kugeln und Knöpfe. Im Eifer des Spiels wurde oft die Betzeitglocke vergessen und die spärliche Beleuchtung der Schaufenster solange ausgenützt mit Lärm u. Gewinnsucht, bis der Haus- oder Ladenbesitzer uns heimjagte, wofür ihm dann durch unberechtigtes Läuten der Geschäftsglocke noch ein Schabernack gespielt wurde. Auf dem Schulhausplatz oder an andern freien Plätzen wurde von den Buben um Knöpfe oder Rappen „gstöcklet“, wobei je nach Grösse oder nach der Schwere eines Metallknopfes einer für zwei oder drei galt. „Tüfel-ustribe“, Soldaten und Räuber gespielt, geschlittelt und Schaubgeissel geklöpft. Etwas war immer los.

Damals war noch kein so schönes Trottoir wie heute. Die ganze Hauptgasse war mit grossen „Bsetzisteinen“ gepflästert und bei Regenwetter mit zahlreichen „Pfützen“ geziert. Einzelne Häuser besassen auf ihrer Frontbreite vielfach stark ausgetretene oder sonstwie defekte Sandsteinplatten, oft auch nur Pflästerung aus mittleren Kieselsteinen. Die beiden Häuserfronten wurden stellenweise durch Vortritte oder Stiegen unterbrochen; die Trottoirs waren also nicht so einheitlich wie heute. Vor diesen und in der Mitte der Hauptgasse waren Ablaufrinnen, in denen das Brunnen- und Regenwasser seinen Ablauf fand. Erst durch die Kanalisation der 90er Jahre fand dieser Zustand ein Ende, welcher dann später die Herstellung eines einheitlichen Trottoirs folgte. Hand in Hand damit ging die Einführung der Wasserversorgung und des elektrischen Lichtes um die Jahrhundertwende.

Man stelle sich einmal die damaligen Verhältnisse vor: in den Häusern Petrolbeleuchtung auf die mannigfaltigste Art und Weise, und kein Wasser. Das Wasser wurde bei den verschiedenen Stadtbrunnen geholt, wo immer mehr oder weniger der Klatsch und Tratsch blühte. Die öffentliche Beleuchtung bestand aus spärlichen Laternen, welche von den Nachtwächtern (Spengler Menz und Messerschmied Kneubühler) bedient wurden. Das Leben floss noch einfach und genügsam dahin.

Die Neuerungen und die neuzeitliche Asphaltierung der Strassen haben das innere und äussere Bild der Ortschaft verändert, gewaltig verschönt und gehoben, sodass man heute ruhig sagen kann, dass Willisau mit seinen Renovationen der Kultusstätten und Häuser heute eines der schönsten Landstädtchen im Schweizerlande ist. Man ehrt damit den Fleiss und den Ordnungssinn, aber auch die Opferwilligkeit seiner Bewohner.

Heiraten war auch ein Geschäft:

Arbeitsames Dienstmädchen (Bauerntochter), Ende der 20er Jahre, mit mehreren tausend Franken Vermögen, wünscht aufrichtige Bekanntschaft zwecks Heirat mit arbeitsamem kathol. Landwirt (Sohn). Vermögen nicht Hauptsache.

Der verstorbene Jüngling:

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Es hat Gott dem Herrn über Leben und Tod gefallen, unsern lieben Bruder, Onkel, Grossonkel und Cousin

Jüngling

Josef Amrein

Bürgerheim

heute nachmittags 2 Uhr in die ewige Heimat abzuberufen. Er starb nach längerer Krankheit, versehen mit den hl. Sterbesakramenten, im Alter von 78 Jahren.

Wir bitten, dem lieben Verstorbenen ein gutes Andenken zu bewahren und seiner im Gebete zu gedenken.

Willisauland, den 18. Februar 1941

Die trauernden Hinterlassenen.

Beerdigung: Donnerstag den 20. Februar, morgens 7 1/4 Uhr.

Siebenter und Dreissigster:

Montag den 10. März, morgens 7 1/2 Uhr.

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